Die letzten Dahmer Fischer: Otto Severin und Julius Barkmann

Julius Barkmann (links) und Otto Severin mit einem Tümmler (Schweinswaal)
Julius Barkmann (links) und Otto Severin mit einem Tümmler (Schweinswaal)

 

Laut Definition des Landesfischerei-Verbandes in Kiel ist ein „Berufsfischer, wer den überwiegenden Teil seines Lebensunterhaltes aus der Fischerei erzielt.“ In Dahme gibt es schon lange keinen Berufsfischer mehr. Der letzte, den man in diesem Sinne noch als Fischer bezeichnen konnte war Otto Severin. Er fuhr bis weit in die 60-er Jahre hinein jeden Freitag mit seinem Fahrrad durch das Dorf und verkaufte den Fang, meist Dorsch und Scholle und wenn es die Jahreszeit zuließ auch Hering und Makrele. 

 

Otto Severin wurde am 30. Januar 1900 (dasselbe Jahr wie Oswald Rohr) in Dahme geboren und starb am 25. August 1968 an Lungenkrebs. Er hat sein ganzes Leben nichts anderes gemacht als Fischer. Sein Vater war der Fuhrmann und Dienstknecht Johann Heinrich Wilhelm Severin (*1866, +1949), der Ende des 19. Jahrhunderts aus Thomsdorf mit einem Fuhrwerk und seinen zwei Pferden nach Dahme kam. Otto wuchs in einer Familie mit sieben Geschwistern auf (fünf Schwestern und zwei Brüder) auf. Sein älterer Bruder Wilhelm Severin wohnte in der Leuchtturmstraße und war ebenfalls Fuhrmann wie der Vater.

Für Otto oder „Lütt Vadder“, wie er liebevoll von Uwe Landschoof in seinem Buch „Fischer und Nett’n“ genannt wird,  gab es von Anfang an nur die Fischerei. Zunächst im Gespann mit Willi Prüß aus der Leuchtturmstraße und nach dem Krieg mit Julius „Julius, mienem Mann“ Barkmann, einem Flüchtling aus Westpreußen.    

 

Julius Barkmann kam aus Neufähr in Westpreußen. Mit seiner Familie - Frau und Tochter - fand er in Dahme sein wirklich zweites Zuhause. Er wohnte in der vor langer Zeit abgerissenen Villa „Erna“ zwischen dem Haus von Fritz Gammelin und dem Gemeindehaus an der Ecke Seestraße/Strandstraße, ungefähr da wo jetzt die Volksbank liegt. Julius war ein „dröger“ Westpreuße, nicht laut, nicht auffällig, nicht aus der Ruhe zu bringen. Gäbe es nur Leute wie ihn, es gäbe keinen Zwist und keine Kriege. Julius Barkmann, auffällig o-beinig, war schon von weitem an seinem Schaukelgang zu erkennen. Otto Severin war in Erscheinungsbild und Verhalten das Gegenteil von Julius: klein, immer quirlig und redselig mit pointiertem, oft genug schlüpfrigem Witz und stets guter Laune. Beiden gemein war ihre Schwäche für das Rauchen. In der Fischergemeinschaft stellte Otto Severin stellte das Boot.

 Julius war für die Wettermeldungen zuständig.  „Na, Julus, wat hett de Wäderberich seggt?“ - „Na, Julus, was hat der Wetterbericht gesagt?“ Darauf Julius behäbig in seiner breiten westpreußischen Mundart: „Na, Otto, er hat jemaldet Oost-Sied-Oost fimf“ -  „Na, Otto er hat gemeldet Ost-Süd-Ost fünf“; in Erinnerung an den frühmorgendlichen Blick zum offenen Fenster schob Julius nach: „Die Jardine hat jeflatert“ - „Die Gardine hat geflattert“.

Mit diesem Wetterbericht besonderer Prägung durch Barkmanns sprachliche Originalität begann ihr Arbeitstag. War nach dem Einholen der Netze das Boot morgens gegen 9.00 Uhr mit dem Fang aufgeholt, stand Frau Barkmann zur Übernahme der bestellten Ware am Strand (siehe auch „Fischer und Nett’n“ von Uwe Landschoof.

 

Otto Severin wohnte mit seiner Familie im Oberdorf, an der Seestraße 6. Dort unterhielt seine Frau eine Annahmestelle für die Reinigung Koch aus Neustadt. Noch vor Erreichen des Rentenalters erkrankte Otto Severin unheilbar an Krebs und verstarb nach kurzem Krankenlager. Seine Frau schirmte „Lütt Vadder“ während dieser Zeit gegen Besucher und Kollegen völlig ab. Bis zu seinem Tode bekam ihn niemand mehr zu Gesicht.

Damit war die Fischergemeinschaft Severin-Barkmann zu Ende. Julius verzog mit seiner Frau zur inzwischen verheirateten Tochter nach Hamburg. Dahme hatte seine letzten Berufsfischer und mit Otto Severin, „Lütt Vadder“, das Original vom Dahmer Fischerstrand verloren.